Vorwort zu "Grundlagen für eine
Theorie der Nachhaltigkeit"
Fange nie an aufzuhören, höre nie auf anzufangen.
Marcus Tullius Cicero (106 - 43 v. Chr.), römischer Redner und Staatsmann
Aphorismen und Prognosen
Meiner Meinung nach ist es wichtig, ein Buch über den Klimawandel und zur Nachhaltigkeit mit einer gewissen Haltung zur heiteren Ernsthaftigkeit zu schreiben. Oder sollte es besser geschrieben sein mit einer Haltung zur Gewissheit einer ernsthaften Heiterkeit?
Wenn ich in diesem Buch auf verschiedene Weise psychologische oder philosophische Reflexionen einfließen lasse, liegt das auch daran, weil ich dem Autor Thomas Stölzel in einer wichtigen Grundannahme folge: Es gibt mutmaßlich vier Kernkompetenzen, aufgrund derer wir in der Lage sein können, professionell mit Fragestellungen umzugehen und dies auch in unserem persönlichen Umfeld nutzbar zu machen:
Wie sein Buchtitel bereits verrät, heißen diese vier philosophischen Kompetenzen:
Staunen, Humor, Mut und Skepsis.
Daraus ergeben sich vier Handlungsweisen:
Wahrnehmen, Haltung einnehmen, Entscheiden und Prüfen.
Erst im Rückblick bekommt man genügend Einblick, um den Ausblick zu verstehen. Ob wir den Ausblick ertragen können, hängt von unserer Fähigkeit ab, einen Rundblick zuzulassen.
Einblick in die Zukunft erhalten wir, wenn wir der Zukunft Einblick in unsere Gedanken lassen.
„Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.“ Selbst ein so eingängiges Bonmot hat einen unbekannten Ursprung und wird gerne gebraucht, um zu vermeiden, über unangenehme Dinge, welche die Zukunft betreffen, reden zu müssen.
Aber wir tun es ständig: Wirtschafts- und, Unternehmensprognosen, Wohnungs- und Mietpreisprognosen, Lohn- und Rentenprognosen …
Es wird hemmungslos prognostiziert. Wenn es um das Bruttoinlandsprodukt (BIP) und den angeblichen Wohlstandszuwachs geht, ist nichts schwierig. Versprechen diese Prognosen doch mehr Gewinne, mehr Wohnungen, mehr Renten, mehr Löhne …
Deshalb Zitat 1-änd.: „Prognosen sind gut, vor allem, wenn sie die Zukunft der wirtschaftlichen Vermehrung von Gütern, Dienstleistungen, Digitalisierung und Konsum betreffen.“
Wenn es um die wirklich großen Fragen unserer Zeit geht, wie Biodiversität, Artenschutz, Klimaerwärmung, fossile Brennstoffe, Ernährung, sind Prognosen eher unerfreulich erscheinend.
Deshalb Zitat 2-änd.: „Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie uns vor Augen halten, wie sich die von uns aktuell betriebene Art und Weise, wie wir heute Güter, Dienstleistungen, Digitalisierung und Konsum wirtschaftlich vermehren, wahrscheinlich auf die Zukunft auswirken wird.“
Gute Prognosen gehen immer. Schlechte Prognosen will niemand hören. Bisher hat das scheinbar gut funktioniert. Aber bei ehrlicher Gesamtbetrachtung hat es nie wirklich gut funktioniert.
Es sei denn, man setzt – „ceteris paribus“ (= unter sonst gleichen Umständen) oder heißt es „Hokuspokus“ – Verdrängung als Leitgedanken allen menschlichen Handelns voraus.
Deshalb Zitat 3-änd.: „Schwierige (=unangenehme) Prognosen sind zukünftig mehr in unser Blickfeld zu nehmen. Nachhaltige Marktwirtschaft eröffnet uns eine Zukunft, in welcher Prosperität für Mitwelt und Umwelt möglich ist und in der ein „Gutes Leben“
für ALLE Lebewesen und die Natur gestaltet werden kann.“ ...
Ein Nachwort zum Vorwort
Nachhaltigkeit beginnt nicht mit Zahlen und Kennwerten, sondern mit einem inneren und äußeren Blickwechsel –
auf das, was wir kennen und wissen sollten, hoffen dürfen und zu tun bereit sein könnten.
Woran halten wir fest – und worauf wollen wir hoffen?
Wenn Sie bereit sind, sich auf diese Neuorientierung einzulassen, dann führt Sie dieses Buch von den
ersten staunenden Fragen zu systemischen Antworten jenseits der üblichen Prognoselogik.
Nachhaltigkeit ist eine Haltung – genährt aus Staunen, Humor, Mut und Skepsis.
Die Sprache der Zukunft nicht nur zu hören, sondern auch dann noch deuten zu können, wenn die Bedeutung verloren gegangen sein könnte – das wird eine der großen Herausforderungen unserer Zeit.
Wohin uns diese Sprachreise führen wird – und ob oder wie nachhaltig sie sein wird –, das möchte ich in meinen Büchern zur Sprache bringen. Wie wegweisend sie sein können, wird erst der Weg zeigen – ich selbst laufe auch auf unbekanntem Terrain.
Aber „oh weh“ oder besser „oh Weg“, was meine ich überhaupt mit „nachhaltig“?
Was meinen Sie? Dauerhaft? Beständig? Fortwirkend? Langfristig? Prägend? Verbindlich? Orientierend? Verändernd? Erweiternd? – Oder gar etwas ganz anderes?